Testo Verdammt Zu Lieben

Testo Verdammt Zu Lieben

Ich wohn in ’ner WG,
wir sind vier Personen.
Mit einer der drei andern lässt es sich gut wohnen,
doch o Weh,
die zwei andern beiden,
die können mich zur Weißglut treiben.

Der eine ist ein Nerd.
Ganze Tage wandert er
als Magier durch Online-Spiele und die andere gehört,
tut sie’s auch nicht gern hören,
zur Gattung der verwöhnten Gören.

Mit ihnen klar zu kommen ist ’ne Wissenschaft,
das Miteinander-Leben kostet sehr viel Kraft,
doch diese Mitbewohner, die sind dreizehn und sieben
und ich bin verdammt,
sie zu lieben.

Sie lassen sich bedien’n,
führen sich auf wie Fürsten,
verweigern die Benutzung von Toilettenbürsten
und sie zieh’n,
als stünd darauf Belohnung,
Chaos-Schneisen durch die Wohnung.

Wenn ich sie ermahn,
auch mal aufzuräumen,
dann seh ich sie vor Wut und vor Empörung schäumen
eh’ sie dann,
mit viel zu viel Gepolter,
so tun, als wär’s die reinste Folter.

Sie buhlen um Beachtung, sie sind niemals still,
schon gar nicht, wenn ich gerad mal meine Ruhe will.
Manchmal, da denk ich: Ach, wär’n wir doch zu zweit geblieben,
doch ich bin verdammt,
sie zu lieben.

Dass man sich für viele Jahre so verbiegt,
hat das Leben raffiniert gut hingekriegt.
Denn ist die Liebe mir auch aufgezwungen
muss ich gesteh’n: Sie ist dem Leben richtig gut gelungen.
Find’ ich sie auch oft nervig und sehr undankbar,
wär’s undenkbar, meine Mitbewohner wären nicht mehr da.

So sehr ich ihretwegen auf dem Zahnfleisch geh’,
so freu ich mich doch jedes Mal, wenn ich sie seh’.
Wie sich Einstellung und Sichtweise konstant verschieben,
das wär mit „schizophren“ nur ungefähr beschrieben.
So sehr ich mich auch schon an ihnen aufgerieben,
so lieb ich es doch,
sie zu lieben.
Testi MaybeBop