Testo Ja, Dieses Deutschland Meine Ich

Testo Ja, Dieses Deutschland Meine Ich

Da, wo die Arbeit und die Frau, mit der du lebst, dein Auto und der Lohn, der Anzug, den du trägst, und was du sonst noch gern hast, liest und hörst und siehst, nicht morgen schon der Schnee vom vorigen Jahre ist, und wo du sicher weißt, daß auch in dreißig Jahrn die Dinge, die du tatst, die meisten, richtig warn, wo man noch lernen kann, wie man's dann richtig macht, und wo man alt wird, ohne daß da einer lacht - da ist nichts großartig, das soll es auch nicht sein, weil wo was groß ist, ist es drumherum meist klein, und wo ihr alles macht, daß euch da niemand stört, weil nämlich euch das Land und niemand sonst gehört, ja dieses Deutschland meine ich, wo wir uns finden unter den Linden und auch noch anderswo. Du machst mal blau 'n Tag, das leistest du dir, Mann, und ziehst herum und siehst dir euren Laden an, so über Land im Herbst, wenn eingefahren ist und du die Felder weit und ohne Zäune siehst, guckst in paar Ställe rein, packst hier und da mit an, ihr sagt, was gut ist, was man besser machen kann, und gehst auch in ein Werk, wo deine Kumpel sind, hörst hin, was man da so in der Kantine spinnt, und mischst dich ein und zeigst, wie weit ihr drüben seid, und nehmt paar Schluck dabei, und ihr kriegt keinen Streit, und riechst und hörst dich um, was sich so alles tut, und gehst nach Haus und denkst: Im großen Ganzen gut, ja, dieses Deutschland meine ich, wo wir uns finden unter den Linden und auch noch anderswo. Ja, dieses Deutschland meine ich, das endlich denen gehört, die tausend Jahre lang geschafft und produziert, in Schlachten abgeschlacht5 zum Nutzen für paar Herrn bis zu der letzten Schlacht, da schlugen sie die Herrn, wo dieser lange Weg nur noch Geschichte ist und auch Geschichte bleibt, weil man sie nicht vergißt, und darum liest du an den Straßen, Plätzen dann so Namen wie die Rosa Luxemburg, Ernst Thälmann, Lumumba, Ho-chi-minh und Solidarität, weil nämlich anderswo der Kampf noch weitergeht, und ist kein Traum das Land, geträumt aus rotem Mohn, nämlich ein Stück davon das gibt es schon, ja, dieses Deutschland meine ich, wo wir uns finden unter den Linden und auch noch anderswo.
Testi Franz Josef Degenhardt